Von Lehrern, Gurus und Lamas 

 

 Insbesondere im Vajrayana, einem tiefgründigen Weg, der auch die sogenannten "Geistesgifte" (Hass, Neid, Stolz usw.) auf dem Pfad nutzt, wird dem Lehrer  eine große Bedeutung zugemessen. Zwar hat der historische Buddha vor über 2500 Jahren den Grundstein für die befreiende Lehre gelegt, es sind aber die in einer ununterbrochenen Linie stehenden Schüler und Lehrer, die bis heute diese Lehre weitergegeben und selbst praktiziert haben. (Im Bild Seine Heiligkeit der Dalai Lama, der der Gelugpa Schule angehört)

 

 Aus diesem Grund wird dem Lehrer in den Schulen des tibetischen Buddhismus, die man hier häufig mit dem Titel "Lama" bezeichnet, eine besondere Bedeutung beigemessen. Man sollte sich aber gerade als Anfänger auf dem Weg sehr gut überlegen, wie man dem oder den Lehrern begegnet. Hingabe mag gut sein, ein hirnloses Hinterherrennen hinter einem "Guru", was der Sanskritbegriff für Lehrer ist, ist jedoch völlig unangebracht und zeugt von Unreife. Und ist darüberhinaus völlig konträr zur buddhistischen Lehre. Allgemein anerkannte Oberhäupter der Schulen wie Seine Heiligkeit Sakya Trizin von der Sakya Schule (Im Bild) allerdings kann man grundlegend  zutrauen, dass sie wissen, was sie tun.

 

Männer und Frauen 

 

Zwar sagte der Buddha selbst auf seinem Sterbebett zu seinem getreuen Mönch Ananda, als dieser ihn fragte, wem man in Zukunft denn folgen sollte:  

"Seid euch selbst eine Zuflucht" 

Allerdings ist es schwierig, in sich eine solch ruhige und stabile Geistesverfassung zu kreieren. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, einen Lehrer für seinen Weg zu nutzen.  Dabei spielt es  keine Rolle, ob man nun als Lehrer einen Mann oder eine Frau hat.Hauptsache ist, sie stehen in einer authentischen Übertragungslinie und verfügen über eine fundierte Ausbildung sowie entsprechendes Mitgefühl.

 

 

Frauen allerdings sind leider immer noch nicht so präsent in der Führungsriege des Buddhismus, bis auf wenige Ausnahmen wie zum Beispiel Khandro Rinpoche (im Bild oben),  oder auch die aus England stammende  Tenzin Palmo  (links), die häufig im Westen unterrichten. 

 

 

 

 

Viele Schulen und Traditionen 

 Es gibt nicht nur im tibetischen Buddhismus eine Vielzahl von Schulen, die alle ihre eigenen spirituellen Oberhäupter haben. So wie seine Heiligkeit der 12. Gyalwang Drukpa von der Kagyü Drukpa Linie (im Bild rechts), der im Jahr 2008 Tenzin Palmo zur "Jetsünma", Meditationsmeisterin erklärt hat.

So ist der Dalai Lama beispielsweise nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet wird, das Oberhaupt der Gelugpa Schule sondern der so genannte "Ganden Thripa".  Der Dalai Lama ist allerdings das akzeptierte spirituelle Oberhaupt aller Tibeter und steht über jeder sektiererischen Ansicht und respektiert zutiefst alle buddhistischen Sichtweisen, nicht nur die des tibetischen Buddhismus.  

So natürlich auch die von anderen asiatischen Traditionen wie die aus Thailand, Vietnam, Korea oder Japan. 

 

Nicht nur im so genannten Vajrayana gibt es Lehrer, auch in den Schulen des Mahayana (links im Bild der vietnamesische Meister Thich Nath Hanh) und des Theravada, der Schule der älteren gibt es wunderbare Meister der Tradition wie der englischstämmige Ajahn Brahm, der einem thailändischen Waldkloster entstammt und in Australien ein Kloster leitet und ein großartiger Buchautor ist.  

 

 

Sein Buch "Die Kuh die weinte" ist ein tolles Bei- spiel für den Humor, den man gerade als Buddhist nicht verlieren sollte. 

 

Auch deutsche Lehrer haben sich verdient gemacht um die Verbreitung des authentischen Dharma wie die leider  schon 1999 verstorbene Meditationslehrerin und Nonne Ayya
Khema, von der es gerade auf Youtube sehr schöne
Belehrungen gibt. (Im Bild) Sie gründete im Allgäu das Buddha-Haus und war eine exzellente Lehrerin.
 

 

 Prüfe den Lehrer 

 

 Insbesondere wenn Menschen aus unserem westlichen Kulturkreis auf den  tibetischen Buddhismus stoßen und an ihm Interesse zeigen, können sie erheblich verwirrt werden durch die Bedeutung des Meisters, Guru oder Lama (wie man dies auch immer benennen möchte), die dieser/diese  zugewiesen bekommt. Wenn es heißt, der Lama ist die „Quelle allen Segens und Inspiration“, dann hört sich das für uns aufgeklärte Rationalisten schnell nach sektiererischem Aberglauben an. Dennoch gibt es sehr gute Erklärungen, auch rational nachvollziehbare, sowie logisch begründbare Argumente, die dafür sprechen, dass man mit Hilfe eines verwirklichten Meisters sehr „schnelle“ Ergebnisse für die eigene spirituelle Entwicklung erfahren kann.

 

 Im Idealfall ist ein solcher „Lama“ ein Mensch, der tatsächlich erkannt hat, wie die Natur des Geistes beschaffen ist. Der jenseits steht von der Anhaftung an die Erscheinungen, die in diesem Geist spontan auftauchen und an ein tatsächlich existierendes Selbst, der darüber hinaus ein nicht-unterscheidendes Mitgefühl für alle fühlenden Wesen entwickelt hat und der kein Eigeninteresse verfolgt. Und der dennoch völlig korrekt in Übereinstimmung mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung sein äußeres Wirken setzt.

 

Theorie und Praxis

 

 Schön und gut, so viel zur Theorie. Nur, wie kann man denn bitteschön erkennen, ob Lama XY nun ein „richtiger“ Lama ist? Dieser oder jener Rinpoche (was übersetzt „kostbarer“ heißt und ein Ehrentitel sein kann oder aber die Bezeichnung für einen bewusst wiedergeborenen Lama ist) tatsächlich ein verwirklichter Meister ist? Schwierig, zugegeben. Aber für mit einem einigermaßen gesunden Menschenverstand ausgestattete, kritisch überprüfende Menschen sollte dies dennoch machbar sein.

 

Von Meistern und Scharlatanen 

 

 Da gibt es einige Vertreter, die mit dem Titel Lama durch die Gegend reisen und eine Menge (westliche) Schüler um sich scharen und von diesen auch verehrt werden. Ist das ein Zeichen, ein Gütesiegel für den Lama?
Nein. Es ist erst mal ein Zeichen dafür, dass da jemand ein gewisses Charisma hat. Solche Leute gibt es aber viele. Und das sagt nichts aus über echte spiritu- elle Fähigkeiten.
Allerdings kann man sich schon auf ein gewisses Renomee verlassen, wenn diese Personen von allgemein anerkannten spirituellen Menschen ebenfalls als verlässlich dargestellt werden. Dafür kann man  im Internet genug Informationen sammeln oder sich kundig machen. So auch auf unserer Homepageseite "Kritisches"

 

Wie man falsche Lehrer erkennt 

 

Patrul Rinpoche, der von 1808 bis 1887 in Tibet einer der größten Meditationsmeister war und bis heute großen Einfluss auf zahlreiche heute lebende Lehrer hat, drückte es in einer seiner vielen Gedichte praktisch aus, wie man falsche Lehrer, die es auch zu seiner Zeit häufig gab, erkennt. Dieses Gedicht kann man, auch wenn an manchen Stellen etwas altmodische Worte und Wendungen gebraucht werden, wunderbar auf unsere heutigen Verhältnisse übertragen.  

 

Manche (Lamas) verteidigen ihre Kaste wie Brahmanen
Und tauchen aus Angst um ihre Pfründe
In eine Imitation von Studium und Nachdenken ein.
Solche Führer gleichen einem aus Holz geschnitztem Mühlstein.

 Manche, obwohl nicht anders als das gewöhnliche Volk
Werden getragen von der dümmlichen Verehrung der Leute.
Stolzgeschwellt von all den Ehren, Opfergaben und Vorteilen
Gleichen Lehrer wie diese dem Frosch in seinem Brunnen.


 Manche haben wenig Wissen  und vernachlässigen ihre Gelübde,
von gemeiner Gesinnung ist ihr Gebaren wild und über alles erhaben.
Sie haben die Lebensader des Mitgefühls durchtrennt –
Mit wildgewordenen Führern wie diesen wird alles Übel vermehrt.

 Besonders jenen zu folgen, die nicht besser sind als ihr
Die kein Bodhichitta
haben und nur an ihrem Ruhm interessiert sind,
wäre ein riesiger Fehler.
Mit Betrügern wie diesen als euren blinden Führer,
wandert ihr tief in die Finsternis hinein
.

Den Lehrer nicht prüfen, heißt Gift trinken.

Dieses Gedicht von Patrul Rinpoche beweist eindrücklich, dass man sich nicht durch großspuriges oder besonderes Verhalten eines Menschen blenden lassen soll, vor allem nicht wenn es um spirituelle Dinge handelt. Traditionell soll man einen Lehrer, ehe man diesen als eigenen akzeptiert, sieben Jahre lang prüfen und sein Verhalten sorgfältig untersuchen, ob er sich auch gemäß den „normalen“ Regeln verhält. 

 

Insbesondere, wenn ein "Lehrer" Ratschläge erteilt, welchen Lehrer oder welche Lehre man meiden sollte oder sich darüber auslässt, wie großartig die eigene Gruppe ist, sollte man schleunigst die Beine in die Hand nehmen und sich was anderes suchen.

Alles andere wäre spirituelle Dummheit, nicht mehr, nicht weniger