Von Mofas und Bussen
Wie in der Einführung bemerkt kennzeichnet die Lehre des Buddha die Lehre
der vier edlen Wahrheiten sowie die vier Siegel.
Mit "Fahrzeug" bezeichnet man umgangssprachlich die verschiedenen Aus-
richtungen der buddhistischen Schulen, von denen es eine Vielzahl gibt.
Die Schule des "Kleinen" sind sehr individuell und auf die eigene Befreiung
gerichtet, die des "Großen" streben nach der Befreiung vieler.
Oder, zugegebenermaßen etwas sehr platt ausgedrückt:
Wer mit dem Mofa fährt transportiert sich allein (zum Ziel, der Befreiung von allem Leiden), wer einen Bus lenkt, kann viele mitnehmen.
Das Hinayana / Theravada
Mit dem "Hinayana" - (basierend auf sravastivada) werden die Richtungen
benannt, die sich mit den überlieferten Texten
des Buddha beschäftigen. Allerdings hat das Sanskritwort "Hina" einen recht abwertenden Ton, da es etwas als minderwertig bezeichnet.
Wir wollen hier deshalb eher den Begriff "Theravada" oder vielleicht besser noch des "Shravakayana" nehmen. Dieses, die „Schule der Ältesten“, ist die älteste noch existierende aller buddhistischen Traditionen. Die Theravadins führen ihre Linie auf die erste Mönchsgemeinde zurück, die, nach ihren Worten, dem historischen Buddha folgte.
Das Theravada zählt zum „Fahrzeug der Hörer“ (sanskrit: Shravaka-Yana), dem einst eine Vielzahl unterschiedlicher Schulen angehörte, heute allerdings nur noch die des Theravade existent zu sein scheint. Man findet dieseTradition heute noch in Thailand, Sri Lanka, Birma und Laos sowie Kambodscha.
Die Anhänger des Theravada berufen sich auf die Lehrreden, die vom Buddha
direkt überliefert sind. Kurz nach dessen Tod, so heißt es,wurde ein Konzil
von Mönchen einberufen, die alle Lehrreden des Buddha zusammenfassten
und mündlich memoriert weitergaben.
Erst mehrere Jahrhunderte später wurden diese Lehren dann in Ceylon auch
auf Palmblätter niedergeschrieben.
Dabei entstand der sogenannte „Dreikorb“ (sanskrit: Tripitaka), in dem diese
Lehren in drei verschiedenen Abteilungen gesammelt wurden.
Es sind die Lehrreden des Buddha (die Sutra-Pitaka), die philosop-
hischen Texte (Abidharma-Pitaka) und die Ordensregeln (Vinaya-Pitaka)
Die Theravada Anhänger betrachten nur diese Schriften als authentisch über- liefert, was im Lauf der Zeit schließlich zu einer Abspaltung (im Verlauf des dritten Konzils unter Kaiser Ashoka im dritten vorchristlichen Jahrhundert)
von den Anhängern der Lehre Buddhas führte, die auch Schriften als Buddha
Wort akzeptierten, die nicht direkt von diesem abstammten sondern von,
in ihren Augen ebenfalls erleuchteten, Meistern verfasst wurden.
Ziel des Theravada
Das Ziel der Anhänger des Theravada ist das Nirvana, das völlige Überwinden
der Ich-Sucht und das Verlassen von Samsara, des Kreislaufs des Leidens.
Wer diese Ich-Anhaftung überwunden hat, wird auch ein „Arhat“ genannt,
ein „Feind-Überwinder“. Der „Feind“ ist dabei die beschriebene Ich-Sucht.
Der Antrieb im Theravada, warum man Nirvana erreichen will ist dabei in
erster Linie die Angst vor dem Leiden und dem weiteren unendlichen Umher-
irren im Kreislauf der Existenzen.
Der Theravadin hat die erste Wahrheit vom Leiden und die Ursache
des Leidens klar erkannt und strebt danach, alle Wünsche und egoistischen Tendenzen zu überwinden.
Das 1. Mittel gegen Begierde zum Beispiel wäre demnach das Abschneiden
derselben, indem man über die Unreinheit und Vergänglichkeit des Körpers
kontempliert. Weil man darüber hinaus schließlich erkannt hat, wie sehr man
sich selbst schadet, in dem man anderen alle möglichen Leiden zufügt, zieht
man sich zurück und wird zum Mönch.
In der Theravada Tradition ist es traditionell den Mönchen vorbehalten,
Arhats zuwerden. Denn nur sie, so heißt es können sich aus allem weltlichen heraushalten und somit auch den Zustand der Leidensverlöschung erreichen.
Was allerdings im gewissen Widerspruch zu den überlieferten Lehrreden steht,
hat in diesen der Buddha selbst auch den so genannten "Haushältern" eben-
falls das Potential der Befreiung zugebilligt. Was vom Theravada gern über-
sehen wird ist auch die Tatsache, dass in den Buddhatexten schon vor der
Einführung des Mönchsordens einfache Laien durch die Lehren Buddhas selbst
Befreiung fanden.
Was im klaren Widerspruch zu den von den Theravadins aufgestellten Behaupt- ung, nur Mönche könnten dies, steht
Und vor allem, was ebenfalls gern übersehen wird, sieht man auch Frauen nicht auf der richtigen Spur, dies zu können. Die früheren Nonnenorden gibt es heute in der Form nicht mehr, nur noch eine chinesische Linie erlaubt es Frauen, die volle Nonnenordination zu erhalten.
Frauen wird häufig auch geraten, eine Wiedergeburt als Mann anzustreben, damit sie den Zustand der Befreiung erlangen können.
Zwar steht auch im Shravakayana das Ideal der liebevollen Zuwendung zu den Wesen klar im Vordergrund. Deshalb auch der Gewaltverzicht.
Es geschieht allerdings vor allem im Gedanken an die Ursache-Wirkungs Beziehung auf einen selbst. Man vermeidet also negatives Tun vor allem
darum, weil man selbst Befreiung erlangen will. Was nicht herabwertend gemeint ist sondern an und für sich schon ein großes Ziel und eine
geradezu wunderbare Motivation ist.
Sichtweise - Die erste Drehung des Rades
Als der Buddha seine erste Lehrrede hielt, brach
er allerdings auch radikal mit der ursprünglichen
indischen Sichtweise. Nicht mehr ein "höheres"
Selbst galt es zu erkennen, wie dies die Anhänger
des alten Bramanismus und auch heute noch die
Hindulehre vorsieht, sondern ganz im Gegenteil
das Erkennen eines Nicht-Selbst. Auch die Lehre
zu Karma hatte so eine gänzlich neue Definition.
Nicht mehr eine Seele, die sich über die Leben hinweg weiterträgt gibt es zu
beachten. Nur noch ein abhängig voneinander zu betrachtendes Ursache-
Wirkungs Geschehen stand damit im Vordergrund der Betrachtung.
Die fünf Aggregate - Eine neue Sicht auf das Ich
Unterschiedlich zu den anderen „Fahrzeugen“ des Mahayana oder Vajrayana
ist auch die Sichtweise auf die Erscheinungsweise des Ich und der Phänome-
ne. Im Theravada (wie auch in allen anderen buddhistischen Traditionen)
wird, gemäß Buddhas Lehre, eine eigenständige, unabhängig dauerhafte
„Seele“ als nicht vorhanden angesehen.
Dieses scheinbare „Ich“, das Selbst oder eine Seele, das ja tatsächlich
empfunden wird, existiert nur in Abhängigkeit zu den Komponenten Körper,
Empfindung, Unterscheidung, Impulsen aus Handlung und Bewusstsein
(den so genannten fünf Skandas oder Aggregaten).
Die Theravadins untersuchen anhand dieser fünf Aggregate genauestens, wo
ein Ich zu finden ist und finden schließlich nichts als abhängiges Erscheinen.
Die äußerlich wahrgenommene Welt wird dabei nicht so sehr in Frage gestellt,
genauso wenig wie ein wahrnehmender Bewusstseinsimpuls.
Karma ist vorhanden, Samsara und Nirvana ebenfalls, auch die Dinge scheinen
so wie sie sind, zwar abhängig von ihren kleinsten Teilen oder Bewusstseins-
impulsen, nicht jedoch aus sich selbst heraus und unabhängig.
Allerdings geht die Betrachtung dieser Zusammenhänge bei den Anhängern
dieser Tradition nicht tief genug, wie spätere buddhistische Meister es nach-
weisen konnten. Man hat nicht die volle Erkenntnis der Tatsache erlangt, das
letztlich nichts wirklich vorhandenes da ist, weder kleinstes Teilchen noch ein
kürzester Bewusstseinsimpuls
Dennoch beziehen sich alle folgenden Traditionen und Schulen in ihren
Grundlagen auf diese Sichtweise des „Fahrzeugs der Hörer“. Es wird
jedoch weiterentwickelt und erforscht, bis zum heutigen Tag.
Pratyeka-Buddhas - Alleinverwirklicher
Beim Pratyeka-Yana und hier den Pratyeka Buddhas handelt es sich um so genannte "Alleinerwachte", die, so scheint es zumindest, ganz ohne Lehrer
aus dem Leidenskreislauf Befreiung finden. Sie erlangen diesen Zustand über
die Kontemplation zu den zwölf Gliedern abhängigen Entstehens.
Die zwölf Glieder abhängigen Entstehens sind:
- Unwissenheit
- Tatabsicht
- Bewusstsein
- Name und Form
- Die fünf/sechs Sinne
- Berührung
- Gefühl
- Begehren
- Ergreifen
- Werden
- Geburt
- Alter und Tod
Das Bild rechts stellt
das "Rad des Lebens"
mit den zwölf Gliedern
abhängigen Entstehens
und den sechs Bereichen
des Leidens dar.
Der Pratyeka-Buddha durchschaut die unendlich scheinende Abfolge der immer
wiederkehrenden einzelnen Glieder dieses Prozesses, durchschneidet dadurch
die Unwissenheit und gelangt zum Zustand des Erlöschens der Ich-Illusion.
So scheint es, dass diese Menschen völlig ohne Lehrer auskommen. Doch dies
ist nur vordergründig so. In, so die Theorie, früheren Leben müssen die Grund- lagen für das Verständnis dieser zwölf Glieder schon angelegt worden sein.
Und das geht nur mit Hilfe eines Lehrers.